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28. Juli 2025 11 Minuten

Kulturkampf am Ende des Regenbogens

Liebe Leserin, lieber Leser,

Schwarz-Rot stolpert in die Sommerpause.

Das zeigt (nicht nur) das neue ZDF-politbarometer deutlich: Die schwarz-rote Koalition verliert an Rückhalt, mit teilweise schlechteren Werten als die der Ampel zur gleichen Zeit. Nur 31 Prozent sind zufrieden mit dem Kanzler. Wesentlich dazu beigetragen hat die verpatzte Richterwahl. Die CSU hat nun eine neue Idee zu deren Wiederholung vorgestellt.

  • Wie die Koalition einen kompromissfähigeren Weg aus dem Richterstreit finden könnte, beschreibt Maria Fiedler im SPIEGEL (€).
  • Auch im Gesundheitsministerium gab es Stunk: Der Ministeriumssprecher drohte Journalist:innen nach einem Hintergrundgespräch.
  • Der Landwirtschaftsminister Alois Rainer macht direkt kurzen Prozess und schließt seine Metzgerei. Auch wenn die offizielle Begründung nachvollziehbar ist, irritiert der Zeitpunkt kurz nachdem es kritische Nachfragen zum Betrieb gab.
  • Keine Kritik, sondern viel Lob hatte der Bundeskanzler für die DFB-Frauen übrig. Eine EM-Heldin hat ihm auch direkt auf Instagram geantwortet.

Von Unzufriedenheit mit der Regierung profitiert natürlich auch die AfD. Nicht nur in den Umfragen, wo sie teilweise mit der Union gleichzieht. Einen (kleinen) Rückschlag gab es nun vor dem Bundesverwaltungsgericht: Die Einstufung der Partei als “Verdachtsfall” ist rechtskräftig, eine Beschwerde wurde abgelehnt. Auf das Verfahren zur Einstufung als “gesichert rechtsextremistisch” hat dies keinen Einfluss, gibt jedoch Auskunft über Prognosen für ein mögliches Verbotsverfahren.

  • Die Partei setzt nichtsdestotrotz weiterhin auf Kulturkampf und Spaltung. Die Tagesschau analysiert, was das aktuelle Auftreten in die neue AfD-Strategie passt.
  • Radikal zeigt sich auch die neue Jugendorganisation “Patriotische Jugend”, die im Herbst gegründet werden soll und nun ihr Logo vorgestellt hat. Ähnlichkeiten mit einer bestimmten historischen Epoche sind natürlich böse Interpretation.
  • Wie schlechte Daseinsversorgung mit Zustimmungswerten für die AfD zusammenhängt, zeigt eine neue Studie der FES (siehe politticker).
  • Was es mit dem lärmenden Anti-AfD-Bus aus dem Weidel-Sommerinterview auf sich hat, weiß die Augsburger Allgemeine.

Laut, aber diesmal angemeldet, ging es auch an diesem Wochenende wieder in Berlin her: Der Christopher Street Day bestimmte das Stadtbild und war in diesem Jahr besonders politisch aufgeladen. Der Bundestag wollte zum CSD bekanntlich keine Flagge zeigen (“Kein Zirkuszelt”), der Bundesrat tat dies hingegen schon – der Länderkammer sitzt gerade die SPD-Ministerpräsidentin Rehlinger vor. Berlins Regierender Bürgermeister Wegner hisste die Regenbogenfahne nicht nur vor dem Roten Rathaus, sondern war auch selbst beim CSD dabei. Vor dem Reichstag wurde eine gigantische Regenbogenflagge ausgerollt und auch die BVG präsentierte am U-Bahnhof Bundestag ihr Bekenntnis zur Pride. Eine Bilderserie hat der Tagesspiegel.

  • Rechte und pro-palästinensische (Gegen)Demos waren nicht besonders erfolgreich.
  • Mitglieder des CDU-Verbands wurden am Samstag körperlich angegriffen, der CSD verurteilt die Vorfälle.
  • Über das alltägliche Leben von queeren Menschen jenseits von aufgeheizten Flaggen-Debatten hat die ARD eine sehenswerte Dokumentation produziert.

  • Inwiefern die Kulturkampf-Debatte in Deutschland mittlerweile amerikanische Verhältnisse annimmt, hat der Spiegel analysiert.

Auch unter der Reichstagskuppel geht es kämpferisch zur Sache. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner will die Kleiderordnung ändern und Anstecknadeln, Pins und Buttons aus dem Plenum verbannen. Auch darüber hinaus soll es mehr Law and Ordner im Hohen Haus geben: Die Bundestagspolizei soll mehr Befugnisse bekommen.

Mehr Parlamentsaufsicht hätte aber auch nicht das verhindern können, was im Landtag von Baden-Württemberg passiert ist. Der SPD-Abgeordnete und Landtagsvizepräsident Daniel Born kritzelte ein Hakenkreuz neben den Namen eines AfD-Abgeordneten. Eine “Kurzschlussreaktion”, wie er nun in einer Erklärung meint.

Während der Blackout von Born recht unstrittig die Grenzen des guten Geschmacks überschritten hat, war das bei “El Hotzo” diskutabler: „Was haben Donald Trump und der letzte Bus gemeinsam? Leider knapp verpasst.” Über diesen Witz regten sich kurz nach dem Attentat von Butler vor einem Jahr viele auf, manche klagten sogar. Nun wurde der Netz-Satiriker freigesprochen.

Sie lesen die politnews im Rahmen unserer Sommerpause wieder in zwei Wochen. Bis dahin wünschen wir Ihnen eine gute Zeit bzw. Urlaub. Sollten Sie für letzteren noch Inspiration suchen, können Sie sich vielleicht von den Urlaubsorten unseres politischen Spitzenpersonals inspirieren lassen.

Mit den besten Grüßen zum Wochenstart

Philipp Sälhoff


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