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11. August 2025 12 Minuten

Schwarz-Rot streicht auch das Sommerloch

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Zeugnisse sind in allen Bundesländern verteilt, ganz Deutschland ist in den Sommerferien.

Für die Bundesregierung gilt das nur eingeschränkt und zudem ist sie nach fast 100 Tagen im Amt auch eher versetzungsgefährdet. Das zeigen nicht nur die Kanzler-Werte, die für Merz deutlich schlechter sind als bei seinen beiden Vorgängern

  • Die vier größten Konfliktpunkte von Schwarz-Rot kennt der Tagesspiegel.
  • Eine erste Bilanz der Kanzlerkommunikation (€) zieht Johannes Hillje.
  • Über Merz’ impulsgetriebenen Regierungsstil macht sich The Pioneer Gedanken.

Ein Grund für die Flaute ist der Richterinnen-Streit. Frauke Brosius-Gersdorf erklärt am Donnerstag ihren endgültigen Rückzug von der Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht (ihre Erklärung im Wortlaut). Die SPD ist sauer. In einem Brief von Fraktionschef Miersch wird nicht weniger als die Arbeitsgrundlage der Koalition infrage gestellt. Die Union beharrt auf ihrem Standpunkt, räumt aber mehr oder weniger offen Fehler ein. Mathias Middelberg, seines Zeichens sonst nicht bekannt für übermäßige Konzilianz, bringt gar eine öffentliche Entschuldigung bei SPD und Kandidatin ins Spiel. Das ZDF beschreibt, wie es nun weitergehen könnte.

  • Taktisch klug” und “moralisch anständig” findet ihren Schritt die Zeit, die taz sieht hingegen ein “fatales Signal” und die FAZ reagiert sehr pikiert.
  • Mögliche Nachfolger:innen für Brosius-Gersdorf werden bis jetzt nur intern verhandelt, ein angeblicher Ersatzkandidat steht trotzdem schon im Kreuzfeuer.
  • Die AfD macht währenddessen bereits Stimmung gegen die zweite SPD-Kandidatin, Ann-Katrin Kaufhold – neue Kampagnenaufrufe inklusive.

Nur einen Tag später durchzog der nächste Aufreger die Regierung. Während bei Brosius-Gersdorf zumindest ein Teil Erleichterung dabei gewesen war, dass das Thema nun abgehakt ist, war Merz’ Ankündigung, die Waffenexporte nach Israel auszusetzen, gerade für weite Teile der Union ein Schock. Zum einen ob der inhaltlichen Entscheidung, zum anderen ob der fehlenden Abstimmung und Kommunikation in einer Frage, die zu den absoluten Grundüberzeugungen der Union gehört: dem Beistand Israels. Merz unterbrach seinen Urlaub und äußerte sich im Tagesthemen-Interview.

  • Der Schritt ist vor allem ein politisches Signal und fällt militärisch kaum ins Gewicht, erklärt ZDF heute.
  • Ganz so überraschend war Merz’ Entscheidung nicht, weiß die Süddeutsche Zeitung.
  • Welche Sprengkraft die Entscheidung innerhalb der Union entfaltet, zeigt der Spiegel.

US-Präsident Trump bleibt hingegen weiterhin bedingungslose Unterstützer der Regierung von Netanjahu. Im Ukraine-Krieg ist er deutlich ambivalenter. Nun soll ein Gipfel mit Putin, aber – Stand jetzt – wohl ohne Selenskyj den Frieden bringen.

  • Der gewählte Ort für das Treffen wirft hingegen Fragen auf: Alaska gilt als Symbol mit denkbar schlechter Signalwirkung für eine völkerrechtskonforme Lösung.
  • Zugleich lässt der Präsident bereits durchblicken, wie er sich die Zeit nach seiner Amtszeit vorstellt und welche Rolle Vizepräsident Vance dabei spielen soll.

Auf eine nahtlose Amtsübernahme hofft auch die CDU in Sachsen-Anhalt. Im kommenden Jahr wird der Landtag in Magdeburg neu gewählt und Wirtschaftsminister Sven Schulze soll Reiner Haseloff nachfolgen. Nach 14 Jahren im Amt tritt Haseloff aus Altersgründen (€) ab – er „könne keine Bäume mehr ausreißen“. Als dienstältester Ministerpräsident hat er sich und die CDU erfolgreich gegen die AfD behauptet. Wer Schulze ist und wofür er steht, beleuchtet der Spiegel in einem ausführlichen Porträt.

Nur einen Monat weniger als Haseloff hat Winfried Kretschmann auf dem Buckel. Seit Samstag nun auch Ländle-intern alleiniger Rekordhalter. Auch in Stuttgart wird das Parlament im nächsten Jahr gewählt. Hier soll es Cem Özdemir richten. Warum das aber eher nichts wird, weiß der Tagesspiegel (€).

Das neue Digitalministerium hat endlich eine Heimstätte gefunden: Die Friedrichstraße 108 soll es sein, bisher noch eine Dependance des Gesundheitsministeriums. Bis nächsten Sommer sollen dort 500 Mitarbeiter fast kostenneutral Platz finden.

Ganz anderes kann man vom Bundespräsidenten sagen: Die Kosten für den Ersatzbau von Schloss Bellevue explodieren. Und auch das Bundeskanzleramt soll erweitert werden. Kostenpunkt hier: 777 Millionen. Die Kritik des Bundesrechnungshofes, dass man ja etwas enger zusammenrücken könnte, wurde mit Verweis auf die besonderen Arbeitsbedingungen im Kanzleramt zurückgewiesen.

Um Sie dann doch noch mit etwas Sommerloch-Feeling in die Woche zu entlassen: Bundestagspräsidentin Julia Klöckner ist nicht nur wegen eines umstrittenen Auftritts bei einem Sommerfest und neuen TikTok-Plänen für den Bundestag im Gespräch, sondern seit heute auch mit erfreulichen Neuigkeiten privater Natur.

Mit den besten Grüßen zum Wochenstart und bis zur nächsten Ausgabe in zwei Wochen

Philipp Sälhoff


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Philipp Sälhoff

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